Sufizentrum Braunschweig
  Sufi-Enneagramm
 



Das Sufi-Enneagramm


Das Enneagramm (Ennea = neun; Gramma = Zeichen oder Figur, Geschriebenes | griech.) ist ein esoterisches Symbol, das verwendet wird, um die neun Enneagramm-Typen und deren Charakteristika zu beschreiben, zu unterscheiden und zu kontextualisieren. Der Begriff Enneagramm stammt von Georg Iwanowitsch Gurdjieff (1873-1949) und wurde durch das von seinem bekanntesten Schüler Peter Demianowitsch Ouspensky (1878-1947) verfasste Buch Auf der Suche nach dem Wunderbaren populär. Nach Gurdjieff zeigt sich bei jedem Menschen ein hervorstechendes Charakteristikum, eine zentrale Achse, um die sich seine Persönlichkeit dreht. Ist einem Menschen dieses oftmals einschränkende Charakteristikum bekannt, kann er diese Persönlichkeitsaspekte, die zumeist biographisch erklärbar sind, neu bewerten und integrieren oder auflösen. Das Enneagramm beinhaltet zwar eine stets kritisch zu betrachtende Typenbildung, jedoch auch eine Einladung zu seelisch-spirituellem Wachstum: Es konfrontiert uns mit den Einschränkungen unseres Lebens, die uns zumeist nicht bewusst sind, und verweist zugleich auf die Fülle von Möglichkeiten, diese Einschränkungen zu überwinden. Bei der Verwendung des Enneagramms besteht stets die Gefahr des Barnum-Effekts, weil Menschen dazu neigen, vage oder allgemeingültige Aussagen über die eigene Person als zutreffende Beschreibungen zu akzeptieren, wie beispielsweise bei Tageshoroskopen.

Das Enneagramm wurde von den Sufis entwickelt, einer aus den Zeiten des Propheten Mohammed stammenden asketisch islamischen Bruderschaft, die die esoterische Wahrheit des Islam offenbaren möchte, indem sie die Beziehung zwischen dem Liebenden (Sufi) und dem Geliebten (Gott) erhellt. Der Weg eines Sufi beinhaltet: 1. Auslöschen der sinnlichen Wahrnehmung, 2. Aufgabe des Verhaftetseins an individuelle Eigenschaften, 3. Sterben des Ego, 4. Auflösung in das göttliche Prinzip. Ein bedeutsamer Bestandteil des Sufismus sind die Sufi-Geschichten, die die Beziehung des einzelnen Menschen zu sich selbst, zu seiner Entwicklung, seiner Beziehung zu anderen Menschen, zum Staat und zu Gott spiegeln und von den Oberhäuptern der Sufi-Orden (Scheichs) den Schülern des Sufismus beständig erzählt werden als mündliche Überlieferung und Fortsetzung der Wissenskette, die stets direkt oder indirekt den Weg zu Allah, dem einen Gott, zeigt.

Nasruddin segelt mit einem Gelehrten über eine stürmische See. Als er etwas sagt, das grammatisch nicht ganz richtig ist, fragt der Gelehrte: Haben Sie denn nie Grammatik studiert? - Nein. - Dann war ja die Hälfte Ihres Lebens verschwendet! - Kurz darauf dreht sich Nasruddin zu seinem Passagier um: Haben Sie je Schwimmen gelernt? - Nein. Warum? - Dann war Ihr ganzes Leben verschwendet, wir sinken nämlich!

Man sah Rabi'a in den Strassen von Basra mit einem Eimer in der einen Hand und einer Fackel in der anderen. Gefragt, was das bedeute, antwortete sie: Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung aufs Paradies anbete, sondern nur noch um seiner ewigen Schönheit willen.

Die Sufis erkannten, dass viele Menschen Gott nicht finden können, weil sie sich nur um sich selbst drehen, diesen Blickwinkel (Enneagramm: 40 von 360 Grad) mit dem Ganzen verwechseln und darum auch niemals den Weg zu ihrem Wesenskern und zu Gott finden können. Vor diesem Hintergrund ist es also durchaus vorstellbar, dass diese Erkenntnisse nicht nur in die Lehrgeschichten einmündeten, sondern auch in das Enneagramm, um den Menschen aus seiner Erstarrung herauszuführen, um ihm seinen Weg zu erhellen.

 

 
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